Kategorie Workshop
Titel WORKSHOP: "Fernbeziehungen – Briefe in literarischen Texten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit"
Termine Donnerstag, 06.10.2022
Samstag, 08.10.2022
Ort Germanistisches Seminar, Hauptstr. 207–209, 69117 Heidelberg, Raum PB 123

Briefe in literarischen Texten repräsentieren und reflektieren Wege der Kommunikation, sie versinnbildlichen Beziehungen und ihre Störungen. Die Übermittlung ist konstitutiv für den Brief als Textform. Das Teilprojekt C10 des Sonderforschungsbereichs 933 („Materiale Textkulturen“) unternimmt es deshalb, literarische Briefkommunikation über die Art und Weise ihrer Übermittlung zu analysieren: über die räumliche Beweglichkeit von Briefen und über die praxeologischen Beziehungen zwischen den Texten und den Übermittelnden. Es ist die spezifische Leistung literarischer und vor allem narrativer Texte, dass sie nicht nur den Inhalt eines Briefes wiedergeben, sondern auch Konstellationen der Übermittlung erzählen und diesen soziale und politische Bedeutung zuschreiben.

So lassen sich über die semantischen Aufladungen des Träger- und Mittlertums von Briefen auch soziale Funktionen des Geschriebenen eruieren, also wie dieses zwischen Personen und Positionen vermittelt. Da weltliche Herrschaftsordnungen der Vormoderne weitgehend auf Verwandtschafts- und Familienstrukturen basieren, lässt sich über die kommunikativen Abläufe auch die enge Verbindung von Macht- und Näheverhältnissen erschließen. Der Blick auf die narrative Ausgestaltung der Briefübermittlung erhellt also nicht nur soziokulturelle Textpraktiken der Vor- und Frühmoderne. Die Art und Weise ihrer Übermittlung erschließt soziale Beziehungen von Nähe und Distanz, von Konkurrenz und Allianz. Dieser Zugang eignet sich für viele Formen erzählter Briefübermittlungen – er erschließt Strategien der Machtrepräsentation in der höfischen Epik, den Zusammenhang von Mittlertum und Manipulation in der Novellistik oder aber die Nähe von Brief und Verbriefung in Prosaromanen.

Mit dem Workshop wollen wir das Erzählen von Briefen auch gattungsübergreifend vergleichen und danach fragen, wie Briefe eine spezifische raumgreifende Funktion entfalten – etwa indem sie Sendenden an einem entfernten Ort Präsenz und Einflussnahme geben oder indem sie soziale Beziehungen über räumliche Distanzen ermöglichen.

KONTAKT
SFB 933, TP C10
Sarina Tschachtli sarina.tschachtli@gs.uni-heidelberg.de
Hannah Mieger – hannah.mieger@gs.uni-heidelberg.de